Vor 2008, also vor 16 Jahren habe ich in Mauerbach, bei einem Natural Horsemanship Kurs Edith kennengelernt. Damals hatte ich noch kein eigenes Pferd sondern war Mitreiterin auf einer Haflinger Stute, mit der ich auch diesen Kurs besuchte. Edith war die Frau des Stallbesitzers und sie erzählte mir während der Mittagspause von ihrem Wanderritt am Jakobswegs vom Mühlviertel bis nach Portugal. Sie war damals 37, konnte eigentlich nicht reiten, hatte kein Pferd und schloss sich trotzdem einer Gruppe von 12 Reitern an die in drei Monaten nach Spanien ritten.
Damals entstand in mir der brennende Wunsch nach einer Reise, über mehrere Monate mit einem Pferd. Ich setzte auch kurz darauf den ersten Schritt und machte mich auf die Suche nach einem idealen Begleiter für mich. Kurz darauf fand ich Liberty, den damals knapp 4jährigen Haflinger Wallach. Mein Traum rückte in den Hintergrund weil ich erst einmal damit beschäftigt war mein Leben mit Pferd neu zu organisieren. Ich wollte richtig gut reiten lernen, den passenden Stall finden, meinem Pferd ein gutes Leben bieten und vor allem mehr Zeit mit ihm verbringen. Das alles führte dazu das ich mein florierendes Personalberatungsunternehmen aufgab und schlussendlich auch darin das wir auf Hof-Sonnenweide umzogen. Mein Traum einer langen Wanderung war immer in meinem Kopf aber nicht im Vordergrund. Viel zu viel tat sich in unserem neuen Leben am Hof mit den Tieren die im Laufe der Zeit dazu kamen und auch mit der Gemüsegärtnerei. Mir war völlig klar das ich mir dem Traum vom uneingeschränkten unterwegs sein einmal erfüllen würde, nur der Zeitpunkt stand noch nicht fest. Im Laufe der Zeit stellte sich auch heraus das Liberty der Haflinger nicht der ideale Partner für so eine Reise sein würde. Er hatte einfach keine Lust dazu und hat mir das auch sehr deutlich gezeigt. Er liebte sein neues unabhängiges Leben auf Hof-Sonnenweide. Als Chef seiner Herde mit einem weitgehend selbstbestimmten Leben wollte er weder geritten werden noch sich sonst irgendwie vom Hof wegbewegen. Und so wandte ich mich Tieren zu die mir zeigten das sie Freude daran haben mit mir unterwegs zu sein. Zunächst waren das Martin und Lucky, die beiden Eselwallachen. Zuerst waren es nur kleinere Spaziergänge und im April setzte ich den nächsten größeren Schritt. Wenn ich schon keine 3 Monate Zeit hatte dann wollte ich zu mindestens ein paar Tage mit Übernachtung wandern gehen. Uns so schnappte ich mir Martin und Lucky, borgte mir Zelt und Rucksack, lies mich von Andi nach Mörbisch bringen mit dem Ziel den Neusiedler See in 4 Tagen zu umrunden. Außer der ersten Übernachtung hatte ich nichts geplant, ich vertraute auf mein Glück. Das war die erste von einigen mehrtägigen Touren mit den beiden kleinen Eseln die mir große Freude bereitete. Allerdings merkte ich das Martin, dessen genaues Alter ich auch nicht kenne, nach 2 Tagen keine Freude mehr am Gehen hatte. Er ging zwar mit aber ich hatte eher das Gefühl das er mir damit einen Gefallen tut. Dem entsprechend unmotiviert latschte er hinter mir her und das trübte auch meine Freude an den Wanderungen. Und so folgte der nächste Schritt und damit erfüllte ich mir einen weiteren Traum. Ich machte mich auf die Suche nach einem Riesenesel.
Vor langer Zeit hatte ich in Frankreich, bei einem unserer Urlaube einmal einen Riesenesel, einen Baudet de Poitou gesehen. Es war mir damals nicht klar wie sehr sich das Bild dieses Esel in meinem Kopf eingenistet hatte, denn plötzlich fast 20 Jahre später tauchte es wieder auf. Ein Riesenesel mit Dreads genau wie ich, wie cool. Ich machte mich auf die Suche und fand Igor. Er war überhaupt nicht das was ich mir am Beginn meiner Suche eingebildet hatte. Ich wollte eine Stute, mind. 6 Jahre alt und eine Poitoueselin. Igor war gerade mal 1 Jahr, ein Mischling und definitiv keine Stute sondern noch Hengst. Trotzdem war es Liebe auf den ersten Blick und ich nahm sogar in Kauf 1 Jahr auf ihn zu warten bis er zu uns umziehen konnte. Von Beginn an war Igor etwas ganz Besonderes für mich. Alle meine langjährige Erfahrung mit vielen Pferden und Eseln flossen nun in die Beziehung mit Igor. Es war als würden wir uns schon lange kennen und uns verbindet eine richtige Freundschaft. Igor sieht mich als Mitglied seiner Herde und als seine Freundin. Dem entsprechend gestalten sich auch unsere Ausflüge. Bald schon machten wir die ersten Übernachtungsausflüge die immer wunderschön und spannend waren. Trotzdem, mehr als drei Tage waren wegen der vielen Arbeit v.a. mit dem Gemüse nur schwer möglich.
Und dann im Februar änderte sich alles. Mehrere Ereignisse führten zu der Entscheidung das es JETZT an der Zeit ist mir meinen Traum zu erfüllen. Zunächst starb eine unserer Tierpatinnen mit 37 Jahren an Krebs. Dann besuchen wir in Graz den Vortrag von Lotta Lubkoll die mit ihrem Esel von München nach Venedig gewandert ist. Sie war 24 als die aufbrach und Anlass war der Krebstod ihres Vaters. Er hatte auch einen großen Traum den er sich aber wegen der Krankheit nicht mehr erfüllen konnte.
Als wir den Vortragssaal verliesen sagte Andi plötzlich: „So und du gehst noch heuer weg.“ Ich nahm das zunächst nicht ernst. Andi ist eher der Sicherheitsdenker von uns beiden und wie sollte denn das gehen. Wir hatten die Gemüseplanung für 2024 doch schon längst abgeschlossen, das Saatgut bestellt und auch schon bekommen. Wann sollte denn da noch Zeit bleiben für eine dreimonatige Eselwanderung? Aber Andi sprach unbeirrt weiter: „Wir machen einfach ein Jahr Pause mit dem Gemüse. Wir haben ein bisschen was gespart und brauchen für uns selbst nicht viel Geld, die Tiere sind über die Patenschaften gut versorgt, ich bleibe am Hof und kümmere mich um alles und du nimmst dir so viel Zeit wie du möchtest um deine Wanderung zu machen.“ Zwei Empfindungen kämpften gleichzeitig in mir. Angst vor der Größe dieses Projekts und unbändige Freude. Es dauerte eine Weile bis sich die Freude durchkämpfte und die Angst kommt auch jetzt immer wieder. Aber man muss handeln, bevor die Angst überhand nehmen kann und so machten wir uns gleich an die Planung und Umsetzung.
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