Wanderung Tag 25

In der Nacht hat es wieder stark geregnet, aber das erwartete Gewitter blieb aus. Diesmal hatte ich wieder eine kleine Hütte in der ich mit Isomatte und Schlafsack übernachtet habe. In der Früh steckt Igor seinen riesigen Kopf zu mir herein und gähnt mich an. Der Himmel ist grau in grau und es nieselt ganz leicht. Das erstaunliche daran ist, dass ich mich richtig über dieses Wetter freue. Die Bremsenattacken auf Igor in den letzten Tagen haben mir gezeigt, dass Sonnenschein auch ganz schöne Schattenseiten für meinen Begleiter haben kann. Wie schnell sich doch die Einstellung wieder ändern kann. Wochenlang habe ich mich nach besserem Wetter gesehnt und jetzt bin ich froh, wenn der Himmel bedeckt bleibt und es leicht regnet.

Bevor wir aufbrechen schauen wir nochmals im Bärenwald vorbei. Dort bekomme ich Kaffee,  ein Weckerl und Igor ein paar Karotten. Wir machen Fotos mit dem Team und dann gehe ich den Bärentrail entlang Richtung Klein Wetzles. Bis auf zwei Wanderinnen aus Oberösterreich treffen wir keine Menschenseele im Wald. Dabei ist es wunderschön hier. Die kleine Kamp plätschert neben uns, die Umgebung schimmert in unendlich vielen Grünschattierungen, im Wald türmen sich große Findlinge auf und die Vögel zwitschern. Natürlich läuft Igor wieder frei und ist dabei sehr flott unterwegs. Pausen mag er keine machen und so kommen wir zügig voran.

An einer Stelle, an der wir die Straße kreuzen müssen, kommt uns ein Auto entgegen und bleibt bei uns stehen. Eine Frau steigt aus und nähert sich mir und Igor. Sie sagt, dass sie uns schon weiter vorne gesehen haben und sind uns nachgefahren. Ich gebe ihr eine Karotte, die ich noch als Snack für Igor eingesteckt habe, damit sie Igor füttern kann. Sie fragt mich ob auch ihre Töchter aus dem Auto kommen können um Igor zu streicheln. „Natürlich“ sage ich und die beiden Mädels steigen aus dem Auto und sehen Igor respektvoll an. Der Vater bleibt im Auto sitzen. Ich gebe den beiden Mädels eine letzte Karotte und zeige ihnen wie sie Igor am besten füttern. „Wir haben daheim Kühe und einen Hund“, erzählt mir die Frau. Dann wollen Igor und ich weitergehen. Igor bleibt noch kurz am Auto stehen und schnuppert an der Heckscheibe. Der Vater schaltet den hinteren Scheibenwischer ein und findet es lustig wie Igor erschrocken zurückweicht. Ich bin sprachlos, oder eigentlich nicht. Mir fallen gerade viele Bezeichnungen für den Mann ein. Aus Rücksicht auf seine Töchter, die dabeistehen, drehe ich mich einfach um und gehe. Das darf doch echt nicht wahr sein. Ich grummle ein ganzes Stück des Weges vor mich hin und ärgere mich über mich selbst, dass ich mich ärgere über so einen Dolm.

Aber dann ist es auch schon vorbei. Über eine der Mitarbeiterinnen vom Bärenwald Arbesbach habe ich meine nächsten Übernachtungsplätze gefunden über die ich mich sehr freue. So funktioniert das mit Übernachtungsplätzen für mich Besten. Ich frage immer dort wo ich bin ob jemand im Umkreis meiner nächsten Etappe etwas weiß.

Heute übernachten wir bei der Alpakazucht Manada de Sana. Da dort immer wieder auch die Pferde der Besitzer stehen, gibt's einen großen Bereich für Igor samt einem Stall falls es regnet. Als wir ankommen begrüßen uns die beiden italienischen Herdenschutzhunde mit viel Gebell aber Respektabstand zu Igor. Dieser zeigt sich nicht im mindesten von den großen und schönen Tieren beeindruckt. Immerhin ist Igor ja schon einem Bären Auge in Auge gegenübergestanden. Ich bin total fasziniert als die beiden sich nach genauer, aber keineswegs aggressiver Begutachtung von Igor und mir, zu ihrer Alpaka Herde legen. Igor und ich erkunden am späteren Nachmittag noch das weitläufige Gelände der Alpakafarm. Es gibt nämlich noch einen Teich, den möchte ich mir ansehen. Die beiden Maremmen-Abruzzen Schäferhunde folgen uns wie zwei Bodyguards in einigen Metern Abstand. Immer wenn Igor stehen bleibt und sie über seine Schulter hinweg ansieht, bleiben sie stehen und sehen zur Seite.

Ich mache mir mein Abendessen, Reisflocken mit getrockneten Paradeisern und einer Semmel. Dann gehe ich ins Zelt und nehme mir noch ein paar Kekse mit die ich noch von Gerdas Besuch übrig habe. Schon bald beginnt es stark zu regnen und obwohl Igor einen schönen Stall mit Heu hat, in dem er schon einen Teil des Nachmittags fressend verbracht hat, stellt er sich zu meinem Zelt. Die Hunde verbellen das Zelt eine Weile, vor allem das Licht der Stirnlampe mögen sie nicht. Aber irgendwann hören sie auf und wir schlafen gut beschützt ein.

PS: Wenn du unseren Lebenshof unterstützen möchtest, dann freuen wir uns sehr über eine Spende oder Tierpatenschaft. Hier gehts zu den Infos: Tierpatenschaften 

 

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