Wanderung Tag 27

 

Ich schlafe tief und fest in dieser Nacht, in der es auch ausnahmsweise einmal nicht regnet. Am Himmel sehe ich sogar vereinzelte Stellen die blau sind. Ich lese noch ein bisschen und beobachte Igor der jetzt, als ich aus dem Zelt sehe, zu seinem Heu geht und zu fressen beginnt.

Dann höre ich schon bald wie sich im Haus ober mir etwas regt und Olli beginnt den Stall seiner Pferde auszumisten, bevor er zur Arbeit fährt. Ich gehe hinauf und bekomme schon eine erste Tasse Kaffee mit der ich mich dazusetze. Meine Schuhe, die Hose und Igors Sattelpad sind über Nacht trocken geworden.

Dann kommt auch schon David mit dem Frühstück an. Frische Semmeln, Marmelade und Aufschnitt für mich. Dann macht er mir führsorglich noch eine Jause für unterwegs. Es ist schön, wenn sich jemand so um mich kümmert.

Während ich Igor dem Sattel auflege ruft Andi zu einer ungewöhnlichen Zeit an. Er klingt traurig und sagt mir das Felix, unser junger Schafbock gestorben ist. Er wurde heute kastriert, eine Routineoperation die unser Tierarzt schon etliche Male, auch bei unseren Schafen durchgeführt hat. Er hat aufgehört zu atmen. Ich bin total verstört. Auch wenn der Tod, bei so vielen Tieren die wir am Hof haben uns immer wieder begleitet, wird er dennoch nie Routine. Doch ich drücke den Schmerz hinunter und möchte meine Gastgeber nicht damit belasten. David und Janett begleiten mich noch das erste Stück meines Weges bis sie wieder zu ihrem Grundstück abbiegen. Als ich alleine bin kommt die Trauer über den kleinen Schafbock umso heftiger. Ich wäre jetzt gerne bei Andi um ihn zu trösten und auch um selbst getröstet zu werden.

Aber es geht weiter und Igor ist heute etwas nervös. Einige Male galoppiert er hinter mir her, weil er vor etwas erschrocken ist. Außerdem dreht er sich immer wieder um und lauscht in den Wald. Schon gestern ist mir aufgefallen, dass meine Wanderapp in dieser Gegend oft Wege wählt, die kaum als solche zu bezeichnen sind. Meist ist es nur eine schwer erkennbare Reifenspur der wir dann folgen. Und so gibt es als das Navi mir zeigt, dass ich rechts abbiegen soll, keinen erkennbaren Weg. Ich gehe weiter, aber da ist auch nichts. Ich gehe zurück und sehe nach ob ich vielleicht eine Abkürzung verpasst habe, aber da ist auch nichts. Igor folgt mir auch als ich mich zwischen den Bäumen durchkämpfe. Mir fällt das nicht schwer aber Igor mit seinen Packtaschen ist wesentlich breiter und muss sich eigene Wege suchen. Aber mein Weg endet an einem Maschendrahtzaun der so dicht an den Bäumen steht das wir nicht daran entlang gehen können. Wir kämpfen uns wieder zurück auf den Hauptweg. Diesem zu folgen macht auch keinen Sinn, weil er eine Schleife macht und zum Ausgangspunkt zurückführt. Dazu kommt, dass ich überhaupt keinen Empfang habe. Die Karte habe ich mir zwar heruntergeladen aber die Navigation ist dann nicht so genau. Schließlich kämpfen wir uns noch an ein paar anderen Stellen durch den Wald um irgendwie auf die richtige Tour zu kommen. An einer Stelle kann ich den Weg sogar sehen, aber wieder ist da der Wildzaun. Ich bekomme ein bisschen Angst.  Es ist kein gutes Gefühl da alleine im dichten Wald zu stehen, teilweise vor hohen Felsen und steilen Abhängen. Ich bin so unendlich dankbar für Igors gelassene Begleitung. Er kämpft sich tapfer mit seinen Taschen hinter mir her mitten durch den Wald. Endlich sehe ich eine asphaltiere Straße und bin unendlich erleichtert. Ich aktiviere meine zweite Wanderapp, Bergfex, die eher bequeme Straßenwege als schöne Waldwege zum jeweiligen Ziel wählt. Darauf sehe ich, dass der gefundene Güterweg zur Straße führt die wiederum direkt nach Bad Großperholz und zu meinem heutigen Ziel, der Edermühle führt. Da ich für heute genug vom Wald habe, wähle ich die Straße und wir marschieren die letzten km auf der wenig befahrenen Straße zum Ziel.

Die Edermühle wird von Steffi und Christian als kleines, feines Refugium betrieben an denen sich Menschen inmitten der Natur und umgeben von Tieren eine Auszeit gönnen können. Andi und Christian haben sich vor einigen Jahren telefonisch kennen gelernt, warum wissen wir nicht mehr genau. Dieser Kontakt ist lose aufrecht geblieben und so beschloss ich die Edermühle zu besuchen.

Christian kommt heraus und umarmt mich zur Begrüßung. Steffi zeigt mir das Gehege der Kamerun Schafe wo Igor und ich übernachten können. In unmittelbarer Nähe steht ihr liebevoll eingerichtetes Tiny House, in dem ihre Gäste mit Blick auf die Schafe übernachten können. Da dieses gerade nicht gebucht ist darf ich es benutzen. Ich möchte zwar bei Igor auf der Wiese im Zelt schlafen aber die Dusche benutze ich sehr gerne. Steffi bietet mir an das Bett für mich zu überziehen aber ich schlafe mittlerweile so gerne und gut im Zelt, dass ich draußen bleiben mag.

Christian serviert uns mit Blick auf die Schafe und Igor Trüffelpasta, die köstlich schmeckt. Dann machen Steffi und ich einen Rundgang über das Gelände zu den Kune Kune Schweinen die sich gerne streicheln lassen und sich dafür auch auf den Rücken legen wie unsere Frieda auf Hof-Sonnenweide. Im Hintergrund ruft der Pfau und ich fühle mich ein bisschen wie zu Hause.

Den späten Nachmittag verbringe ich bei Igor auf der Wiese während Christian und Steffi Holz machen. Am Abend geselle ich mich wieder zu ihnen wo sie im Hof mit Freunden noch beisammen sitzen.

Aber bald fallen mir die Augen zu. Der Tag war anstrengend und aufgeladen mit Emotionen. Wir verabreden uns für den nächsten Tag zum Frühstücken und ich gehe zu Igor. Wie immer kommt er zum Zelt und beginnt draußen zu fressen. Es ist das schönste Geräusch auf dieser Reise mit dem ich gerne einschlafe.

Kaum im Zelt, beginnt es auch schon wieder zu regnen… 

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