Wanderung Tag 29

In der Nacht hat es nur leicht geregnet und mein Zelt ist unter Dach gestanden, deshalb ist es heute nicht so feucht vom Kondenswasser wie sonst. Der Stallbesitzer hat mir in der Nacht noch eine WhatsApp geschrieben ob ich etwas frühstücken mag. Ich bitte um etwas Kraftfutter für Igor und schwarzen Kaffee für mich. Sonst mag ich nichts annehmen weil ich das Gefühl habe, dass es nicht von Herzen kommt. Er kommt kurz vorbei, bringt mir das Futter und eine Thermoskanne Kaffee und fährt schnell wieder weg nachdem ich ihm Geld dafür gegeben habe.

Heute ist mein erster Tag in Oberösterreich und ich bin schon gespannt, Die Strecke die ich mir für heute vorgenommen habe ist ca. 15 km lang und hoffentlich ohne Überraschungen. Eigentlich hatte ich mir ja überlegt nur mehr 10 km pro Tag zu planen, weil es dann sowieso immer mehr werden. Aber aufgrund der Übernachtungsplätze ergibt es sich dann eben doch anders. Ich habe mir für heute einen kleinen Einstellbetrieb herausgesucht, dessen Homepage total freundlich und offen auf mich wirkt. Auch als ich anrief war die Stallbesitzerin sehr freundlich und ich freue mich auf die Unterkunft. Vielleicht kann ich ja da einen Pausetag einlegen, bei lieben und herzlichen Menschen. Auf jeden Fall werde ich fragen ob ich meine Sachen waschen darf, das wäre echt wieder einmal fein.

Die Route führt uns heute über breite Forststraßen durch Wälder, Wiesen und an Seen vorbei. Also ideal für Igor und mich. Wir müssen nur durch einen größeren Ort mit einer viel befahrenen Bundesstraße, aber den kann ich mithilfe meiner Wanderapp gut umgehen. Ich merke während des Wanderns wie gut meine Kondition in der Zwischenzeit geworden ist.

Mir fällt auf, dass es hier in dem Bereich des Mühlviertels, in dem ich mich gerade bewege, wieder viele kleine Bauernhöfe gibt. Sehr oft stehen die Rinder im Freien und meist gibt es auch noch einige andere Tiere. Auch an einigen privaten Pferdebesitzern komme ich vorbei, mit zwei oder drei Pferden. Ich denke mir, dass ich da eventuell auch hätte fragen können ob wir übernachten dürfen.

Aber wie schon im nördlichen Waldviertel wirken die Menschen denen ich begegne sehr reserviert. Kaum jemand grüßt von sich aus und niemand kommt auf uns zu um nach Igor zu fragen. Nur ganz am Schluss unserer Etappe kommt eine Frau aus dem Haus und fragt nach wohin wir unterwegs sind.

Und dann sind wir am Ziel angekommen. In der letzten halben Stunde haben sich schon dicke Wolken über Igor und mir zusammengezogen. Die Besitzerin begrüßt uns und bietet an Igor in eine Box zu stellen. Die sind aber klein und dunkel, er würde alleine drinnen stehen und das tue ich Igor nicht an. Alternativ gibt’s eine kleine abschüssige Wiese, gleich neben den eigenen und den Einstellpferden. Die nehmen wir. Platz für mein Zelt gibt’s gleich daneben im Garten. Ich bringe Igor Wasser, die Stallbesitzerin bringt ihm Heu. Die Pferde sind sehr neugierig auf den neuen Gast und lassen ihn kaum aus den Augen. Mittlerweile hat es zu schütten begonnen. Die Stallbesitzerin ist mit den Kindern und den Hunden ins Haus gegangen und ich sitze alleine in der kalten Garage und schaue in den Regen. Mir ist zum heulen. Das ist definitiv kein Ort, für einen Pausetag und nach der Waschmaschine mag ich auch nicht fragen. Ich weiß ja nicht einmal wo das WC ist und ob es eventuell eine Dusche gibt. Als dann nach einer Weile die Sonne wieder ein bisschen herauskommt wird mir leichter. Ich beginne meine Recherchen nach einem Übernachtungsplatz für den nächsten Tag. Meine Gastgeberin weiß außer einem großen Stall, der aber zu weit weg ist, keine Möglichkeit.

Ich setze mich zu Igor und schau mir die Möglichkeiten in Internet durch. Schließlich rufe ich bei einem Stall an. Auf deren Homepage steht, dass sie eine Waschmaschine haben. Aber dort gibt es keine Möglichkeit für Igor und mich zu übernachten. Aber schlussendlich finde ich etwas für uns, wieder weiter weg als geplant, aber die Besitzerin ist freundlich als ich anrufe. Ich gehe in die Garage um mein iPad zu verstauen, da sehe ich dass die Hunde in der Zwischenzeit meine Vorräte aus dem Rucksack geholt und gefressen haben. Fassungslos sehe ich mir die Bescherung an. Ein großes Sackerl mit gefriergetrockneten Paradeisern und Auberginen ist aufgerissen und über den Boden verteilt, ebenso meine Reisflocken und das letzte Mohnzelt ist auch weg. Jetzt kommen mir endgültig die Tränen.

Gerade kommt der Mann von der Stallbesitzerin und sieht mich. Ich versuche mich zusammenzureißen als er fragt was los ist. Ich gebe ihm die aufgerissen Sackel und sage ihm was passiert ist. Er bietet an den Schaden zu bezahlen, aber darum geht's nicht. Ich bin ja auch selbst schuld, weil ich den Rucksack nicht gut geschlossen habe. Er bringt mir dann ein Stück von seiner Geburtstagstorte.

Ich gehe früh ins Zelt. Mir ist saukalt und ich telefoniere lange mit Andi. Das tröstet mich ein bisschen, denn heute frage ich mich schon was ich hier überhaupt mache. Das schöne auf der Reise sind die Begegnungen mit Menschen aber ich fühlte mich, wie schon gestern, auch heute überhaupt nicht willkommen. Das ist kein schönes Gefühl. Aber es gehört wohl auch zu meiner Reise dazu und morgen ist wieder ein neuer Tag mit vielen neuen Möglichkeiten. 

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