Wanderung Tag 30

 

In der Nacht war mir sehr kalt in meinem Schlafsack und ich habe nicht gut geschlafen. Immer wieder bin ich aufgewacht und habe meine Füße aneinander gerieben damit sie warm werden. Ich schätze, dass ich auf meiner Wanderung durchschnittlich 6 Stunden pro Nacht schlafe, aber erstaunlicher Weise bin ich in der Früh trotzdem sehr munter.

Ich breche relativ schnell auf. Meine Gastgeber sehe ich kaum, sie haben viel zu tun. Der Weg ist wie immer, seit ich im Mühlviertel bin, ideal für Igor und mich. Es geht über Hügel, durch den Wald und zwischen Feldern. Leider übersehe ich wieder einmal eine Abzweigung und laufe mit Igor eine ordentliche Strecke in die falsche Richtung bis ich meinen Fehler bemerke. Bergfex , eine meiner Wanderapps, ist zwar super für bequeme Wege, hat aber keine Sprachausgabe. Deshalb muss ich das Handy immer aus der Tasche ziehen und nachsehen wo es weitergeht. Wenn ich das mal nicht mache, passiert es dass ich den falschen Weg nehme. Aber ich orientiere mich und finde einen schönen Weg zwischen Wiesen, der wieder in die Richtung geht in die ich möchte. Igor ist wieder lustig und galoppiert mir nach. Sein Packsattel und die Taschen rücken dabei nach vorne. Jetzt läuft er auch noch über einen großen Sandhaufen. Ich muss grinsen, weil es so verspielt wirkt.

Kurz vor einer kleinen Stadt durch die wir müssen, sattle ich nach. Dann durchqueren wir die Stadt und erstaunlicher Weise reagiert kaum jemand auf Igor. Ich habe gehofft, dass ich an einem kleinen Lebensmittelgeschäft vorbeikomme um mir ein paar Weckerln zu kaufen, aber leider ist da nichts. Dann stehe ich mit Igor vor einem Golfplatz. Das Navi zeigt mir an, dass ich mittendurch muss. „Betreten verboten“ steht da. Und gleich darunter „Begehen des Kreuzweges aus religiösen Gründen erlaubt“ Da sehe ich, dass die Kreuzwegstationen tatsächlich mitten durch den Golfplatz führen. Ich schau kurz am Navi ob es eine Alternative gibt, aber da ist kein brauchbarer Weg, ohne dass ich nochmals durch die Stadt müsste. Ich denke mir dass es auf dem schönen Golfrasen mit den Hufschuhen schon gehen wird. Dann sehen ich auf Igors Hufe und, ach du Schreck, er hat einen Schuh verloren. Ich denke an das hohe Gras in dem wir gegangen sind und schreibe den Schuh ab. Dort finde ich ihn nie wieder. Ich schaue wieder auf den Golfplatz. Zwei Golfer sind gerade vorübergezogen ohne uns zu bemerken. Die Gelegenheit ist günstig. Schnell gehe ich auf den Rasen und ziehe Igor hinter mir her. Der würde gerne den kurzgeschnittenen Golfrasen kosten, oder sich darin wuzeln, aber ich bitte ihn jetzt schnell zu machen, damit uns niemand bemerkt. Und tatsächlich, wir schaffen es den Rasen zu überqueren ohne gesehen zu werden. Das mit dem Hufschuh liegt mir im Magen. Und plötzlich fällt mir der Sandhaufen ein. Bestimmt ist er dort. Aber jetzt den ganzen Weg wieder zurückgehen? Ich beschließe das nicht zu tun. Wir haben erst die Hälfte unserer heutigen Etappe geschafft und es wäre mir zu viel und Igor auch. Ich werde ihm einfach die zwei Hufschuhe einmal vorne und einmal hinten tragen lassen.

Wir gehen weiter den Kreuzweg entlang und am Gipfel des Hügels fülle ich mir Heilwasser des Marienbründels in meine Wasserflaschen.

Dann geht's weiter durch den Wald den nächsten Hügel hinauf und hinunter bis wir auf eine wenig befahrene Straße kommen. Die führt die letzten Kilometer zu meinem Übernachtungsplatz.

Als wir an einem der Häuser vorbeigehen, kommt einen junge Frau mit ihrer kleinen Tochter heraus. Wir plaudern und dann fragt sie mich ob ich etwas trinken oder essen möchte. Da ich den ganzen Tag noch nichts gegessen habe, bitte ich um einen Apfel und wenn sie hat, noch irgendein Weckerl.  Sie bittet mich in den Garten zusammen mit Igor und bringt uns Saft, Apfel und zwei Weckerl. Es fällt mir nicht leicht um etwas zu bitten, wenn es um mich geht. Für Igor habe ich damit kein Problem, aber wie fast jeder Mensch, habe ich Hemmungen Hilfe für mich selbst anzunehmen.

Als wir weggehen geht es mir wieder sehr sehr gut. Meine Stimmung ist extrem abhängig von den Begegnungen mit Menschen. Wenn diese nicht stattfinden, so wie in den letzten Tagen, dann geht es mir bei weitem nicht so gut wie wenn mich jemand freundlich anlächelt.

Dann kommen wir auch schon in unserem Stall an. Wunderschön gelegen, eingebettet zwischen Hügel. Mein Gastgeber begrüßt mich, seine Lebensgefährtin gibt gerade Reitunterricht. Wir werden zuerst unterhalb des Reitplatzes einquartiert. Igor macht aber die Pferde sehr nervös und so biete ich an in das kleine Garterl, das ich schon bei meiner Ankunft gesehen habe, umzuziehen. Hier bin ich außerhalb der Sichtweite der Pferde. Igor fühlt sich hier auch sehr wohl zwischen der Wiese und den Apfelbäumen.

Ich bringe ihm Heu das ihm ausgezeichnet schmeckt. Dann stelle ich mein Zelt auf und fühle mich wohl. Als ich am Wohnhaus vorbeigehe, schaut die Mutter meines Gastgebers heraus und fragt mich ob ich einen Kaffee möchte. Ich kann erst gar nicht glauben, dass sie mich meint. Natürlich stimme ich freudig zu und bekomme auch noch Kuchen dazu. Ich bin im Himmel. Auch Abendessen gibt es für mich und weil alle so freundlich sind, traue ich mich auch fragen ob ich meine Wäsche waschen darf. Ich darf und jetzt bin ich endgültig glücklich.

Igor mampft in der Zwischenzeit seine dritte Portion Heu. Es schmeckt hier offenbar besonders gut. Als ich mich auf die Suche nach einer Unterkunft für den nächsten Tag mache, ruft Andi an. Er erzählt mir, dass jemand aus Schönau im Mühlkreis über Facebook angeboten habe uns zu beherbergen. Dort wohnen nette Menschen und auch Esel.

Schnell sehe ich am Navi nach und tatsächlich liegt das auf meiner Strecke für den nächsten Tag.  Wahnsinn, an einem Tag läuft so viel schief und am nächsten kann ich mein Glück gar nicht fassen. Ich rufe Sabine an und sie freut sich auf uns.

Satt und zufrieden schlafe ich heute ein. Auf Regen folgt Sonnenschein…. 

 

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