Wanderung Tag 33

Ich wache auf und habe die Lösung für das Insektenproblem. Wenn wir unterwegs sind, ist es ja nicht so schlimm. Da wird Igor zwar von den Bremsen verfolgt, aber aufgrund der ständigen Bewegung stechen sie ihn nicht zu sehr. Das Problem ist vielmehr, wenn wir bei einer Unterkunft ankommen. Ich kann Igor nicht einfach auf eine Wiese stellen, weil er dort von den Viechern gefressen wird. Aber ich kann auch nicht erwarten das jeder meiner Gastgeber eine Paddock Box oder gar einen Laufstall hat, so wie hier bei Barbara.

 

Aber nun endlich zur Lösung: Ich brauche eine Fliegendecke. Die kann ich leicht mitnehmen und es gibt Möglichkeiten sie zu besorgen. Neben der Fliegendecke brauche ich noch Stirnfransen. Diese befestigt man am Halfter und sie hängen den Tieren dabei über die Augen und vertreiben die lästigen Insekten.

 

Sabines Freundin Christina hat mir für die Dauer meines Aufenthalts bei ihnen eine Fliegendecke angeboten und Sabine hat mir gestern noch geschrieben das ich mich melden soll, wenn ich etwas brauche. Also melde ich mich gleich in der Früh bei ihr und schildere mein Anliegen. In der Zwischenzeit ist auch Barbara, meine derzeitige Gastgeberin mit einem Frühstück für mich in den Stall gekommen. Auch sie frage ich gleich nach einer Fliegendecke und wir finden tatsächlich eine die Igor passt und die sie nicht mehr braucht. Sie hat ein kleines Loch, was nicht stört und Barbara macht sie Igor zum Geschenk. Gleichzeitig meldet sich Sabine, dass sie mir die Fransenmaske und einen Insektenspray am Abend zu meinem neuen Übernachtungsplatz bringt. Ich freue mich sehr darüber und bin total erleichtert das ich eine Möglichkeit gefunden habe um Igor zu helfen.

 

Für die heutige Etappe sprühe ich Igor kräftig mit Insektenspray ein, den Julia, Barbaras Tochter mir zur Verfügung gestellt hat. Dann gehen wir optimistisch und gut gelaunt in den neuen Tag.

 

Heute ist wieder eine längere, aber einfache Etappe geplant. Sie führt über Nebenstraßen und Güterwege und teilweise über schöne Reitwege. Der Insektenspray tut seine Wirkung für eine Stunde, dann wird es schlimm. Egal ob im Wald oder auf der Straße, ob im Schatten oder in der Sonne, kleine und große Bremsen verfolgen Igor. Mich haben die Viecher überhaupt nicht im Visier, nur den armen Igor.

 

Einen Kilometer vom Ziel entfernt führt der Weg von der Straße weg über eine kleine Brücke in den Wald. Ich sehe am Grundstück daneben einen Bauern der gerade das geschnittene Gras mit dem Rechen bearbeitet. Ich grüße ihn freundlich und winke, aber es kommt keine Reaktion. Dann gehe ich über den als Wanderweg ausgeschilderten Weg auf die Brücke zu und Igor verweigert. Das gibt es doch nicht. Es ist eine ganz normale Brücke, über die er normalerweise ohne Probleme gehen würde. Dennoch beharrt Igor auf seiner Weigerung hinüberzugehen.

 

Ich schnalle ihm die Packtaschen ab und trage sie über die Brücke. Meist kommt Igor nach, wenn er sieht, dass ich voraus gehe. Er läuft zunächst am Ufer entlang und sucht nach einer Stelle wo er durch den Fluss gehen kann. Dabei nimmt er ein Maul voll von dem frisch geschnittenen Gras.

 

Ich nehme Igor wieder an den Führstrick und versuche es mit gutem Zureden. Da sehe ich aus den Augenwinkeln den Bauern mit seinem Rechen ankommen. Ich denke er will mir helfen und grüße ihn freundlich. Statt einem Gruß kommt ein “Putz di” “Wie bitte?” frage ich nach. „Putz di zurück auf di Strossn, wost hinkehrst, des is Privatgrund und I zoag di on.” Ich weise den Mann höflich darauf hin, dass es sich um einen öffentlichen Wanderweg handelt, der sogar ausgeschildert ist. Aber man dürfe nicht reiten, erwidert der erboste Bauer. Ich erkläre ihm, dass ich auch nicht reite, sondern wandere, wie er an den Packtaschen sehen kann. Darauf meint er, dass ich doch  was hackeln soll. Ich bemühe mich ruhig und höflich zu bleiben und erkläre ihn daraufhin, dass er nichts über mich weiß und deshalb seine Annahme dass ich arbeitslos bin falsch ist. Er grummelt und schimpft vor sich hin, geht dann aber wieder etwas weiter weg und beobachtet mich und Igor.

 

Natürlich lässt mich das Geschimpfe des Mannes, der mich offenbar für eine Landstreicherin hält, innerlich nicht ganz kalt. Also keine optimale Situation um einen Esel in Ruhe über eine Brücke zu führen. Es klappt natürlich auch nicht, trotz mehrerer Versuche, bis ich entnervt aufgebe und auf die Straße zurück gehe. Zum Glück ist der Weg nicht so viel länger und ich komme bald in unserem Quartier an. Siggi, die Hofbesitzerin empfängt uns und wir bringen Igor in den Kuhstall. Dort stehen ca. 20 Rinder und drei Pferde, die aber sofort flüchten als sie Igor sehen. Igor fühlt sich in dem Stall überhaupt nicht wohl und trotzdem ich mich zu ihm setze entspannt er sich nicht. Siggi zeigt mir die Koppeln auf der ich mit Igor die Nacht verbringen kann und nachdem er im Stall nach wie vor gestresst ist, bringe ich ihn hinaus. Ich lege ihm zum ersten Mal seine Fliegendecke um und nach bewegungslosen 10 Minuten erkennt er die Vorteile und beginnt sich zu entspannen. Dann kommt auch Sabine mit der Fransenmaske und dem Insektenspray. Die viele Freundlichkeit lässt mich die Unfreundlichkeit des Bauern heute schnell vergessen. Igor geht es wieder gut und er beginnt entspannt zu fressen. Dadurch entspanne auch ich mich wieder und kann den Abend mit den netten Menschen genießen. 

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