Da es mit den Insekten in der Früh nicht viel besser wird machen Igor und ich uns rasch fertig und brechen auf in Richtung Dunkelsteiner Wald. Darauf freue ich mich schon richtig, endlich wieder Wald. Zuerst geht es noch über Felder, dann einen kleinen Steig hinauf zur Burg Hohenegg. Dort wird gerade aufgebaut für ein Fest. Igor geht neugierig durch den Torbogen und ich folge ihm. Wir unterhalten uns ein bisschen mit den Arbeitern, bzw. ich unterhalte mich, Igor sieht sich um und posiert für Fotos. Es ist warm aber den Insekten sind wir offenbar entkommen. Dann geht es in den Wald. Eine breite Forststraße führt uns hinauf. So dunkel ist der Wald gar nicht wie sein Name andeutet. Es ist eher ein lichter Wald, aber schön zum Bewandern. Wir sind vollkommen alleine und begegnen keinen anderen Wanderern. In sanften Serpentinen führt der Weg bergauf und wir genießen es beide sehr endlich wieder einmal im Wald zu wandern. Ich gehe voraus, Igor schlendert gemütlich hinter mir her. Wir haben genügend Zeit, unser nächstes Ziel, Fessl Horses in Lauternbauch ist nicht so weit entfernt. Nach einer Kurve weht ein kühles Lüftchen. Igor stellt sich am Weg quer, verschränkt die Hinterbeine und entlastet dabei eines der Beine. Das ist seine bevorzugte Haltung um zu dösen. Also setze ich mich auch an den Wegrand und warte ab. Tatsächlich meint Igor das es Zeit für ein Päuschen ist. Warum nicht, denke ich mir und öffne mein Buch am Handy um zu lesen.
Igor hat ein Gespür für den richtigen Platz denn es ist schön kühl, ein leichter Wind weht und es sind kaum Insekten unterwegs. Uns so nimmt er sich eine gute halbe Stunde Zeit um seine Mittagspause zu machen. Ich warte ab bis Igor mir ein Zeichen gibt das es weitergehen kann.
Als es soweit ist gehen wir zum höchsten Punkt, dem Dunkelstein auf 626 m Seehöhe. Dort begegnen wir einigen Spaziergängern bevor es wieder bergab geht. Wir kommen nach Lauternbach und haben unsere heutige Station „Fessl Horses“ schon bald gefunden. Alfred Fessl züchtet Paint Horses und ich bin schon sehr gespannt auf meinen Gastgeber. Am Telefon hat er mir zu verstehen gegeben das ich nur ausnahmsweise bei ihm übernachten darf, sonst macht er sowas nicht. Er hat sehr resolut geklungen und nicht unbedingt einladend.
Umso überraschter bin ich über den unglaublich herzlichen Empfang. Alfred kommt mir mit zwei Einstellerinnen entgegen und alle drei bestaunen Igor. Damit haben sie mein Herz gleich einmal im Sturm erobert. Die Pferde rund um uns bleiben völlig gelassen, der Anblick eines Esel beunruhigt sie keineswegs. Die meisten der Fessl Horses leben in der Herde in einem riesigen Offenstall. Für einige Einsteller bzw. einen der Hengste gibt es separate Ställe und großzügige Paddocks mit einem eigenen Innenbereich. Zu so einem Paddock führt uns Alfred. Eine große Portion Heu sowie ein Kübel mit Wasser ist schon für Igor hergerichtet. Der Mann weiß was so eine Wanderin mit Pferd bzw. Esel braucht und das freut mich total. Wichtig ist zuerst einmal die Versorgung des Tieres und dann kommt erst alles andere.
Igor und ich fühlen uns sofort sehr wohl. Die beiden Einstellerinnen sind ebenfalls sehr nett und hilfsbereit. Nachdem Igor sich gleich in sein Häuschen zurückgezogen hat und Heu frisst, lädt Alfred uns alle noch ins Stüberl ein zu Kaffee und Kuchen. Er ist total interessiert an meiner Reise und was mich dazu gebracht hat für so lange Zeit zu wandern. Später kommt auch Alfreds Frau zu uns ins Stüberl. Nachdem ich mindestens drei Stück Kuchen gegessen habe gehe ich wieder zu Igor der mich sichtlich nicht vermisst hat. In seiner Nachbarschaft steht eine hübsche Araber Stute und er hat alles was er braucht. Ich stelle mein Zelt neben seinem Revier auf und lege mich auf meine Iso Matte vors Zelt um ein Schläfchen zu machen. Dann schaue ich nach einem weiteren Quartier für den nächsten Tag. Zwischen Alfred und Edith in Mauternbach brauche ich noch eine Zwischenstation. Der einzige Stall der für mich in Frage gekommen wäre hat mich abgewiesen weil sie keine Eseln haben wollen die ihre Pferde durcheinander bringen.
Und so schaue ich auf google Maps ob ich vielleicht etwas anderes für uns finde. Und tatsächlich, in einem Ort der in der Mitte zwischen Lauternbach und Mauternbach liegt entdecke ich ein Viereck. Anscheinend ist da ein privater Pferdebesitzer. Ich schicke die Koordinaten an Edith, meinen Mauternbacher Gastgeberin. Sie hat mir erzählt das ihr Lebensgefährte viele Leute kennt und vielleicht weiß er zu welchem Hof oder Haus das Viereck gehört. Und tatsächlich, kurze Zeit später schickt Edith mir die Telefonummer und den Namen Claudia. Sie habe dort angerufen und ich könne bei ihnen übernachten. Ich bin ganz baff und bedanke mich per WhatsApp für ihr Engagement. Dann rufe ich Claudia an und frage vorsichtig nach ob sie schon bescheid wisse und ob es in Ordnung wäre wenn ich bei ihr mit Igor übernachte. „Kein Problem“ sagt sie, „wir sind zu Hause. Wenn du da bist meld dich einfach.“ Ich freue mich riesig, jetzt sind sogar schon zwei Übernachtungen hintereinander gesichert. Das ist schone in schönes Gefühl und nach Mauternbach findet sich sicherlich auch wieder etwas. Ab dort gibt es wieder recht viele Reitställe und die Auswahl wird grösser.
Am Abend laden mich Alfred und seine Frau noch zur Abendjause ein. Ich freue mich über die Gesellschaft und wir unterhalten uns sehr gut. Bei der Gelegenheit ruft Alfred seinen Tierarzt an, der auch viele Pferdebesitzer Richtung Herzogenburg kennt. Dieser verspricht mir sich umzuhören und mir Bescheid zu geben wegen eines Quartiers. Ich bin wieder einmal überwältigt von der Freundlichkeit und Hilfsbreitschaft der Menschen denen ich begegnen. Alfred fällt so richtig in die Kategorie „Harte Schale und weicher Kern“. Vollgefuttert und innerlich gewärmt von so viel Gastfreundschaft gehe ich zu Igor und schlafe tief und fest bis zum nächsten Morgen.
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